5 Wege, wie Improvisation in der Küche gelingen kann

Wie wir ohne auf Geschmack zu verzichten das Beste aus Gemüsegerichten rausholen können. Aus dem kulinarischen Leben unserer Lektorin Uta

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Geht es Euch auch so: oftmals koche ich nicht streng nach Rezept. Ich habe zwar eine irre Menge an Kochbüchern – nicht nur berufsbedingt – in der Küche stehen, aber bei manch tollem Rezepten sind Zutaten angegeben, die ich nicht bekomme habe, nicht mag oder einfach nicht kaufen will, weil sie zu teuer oder umweltschädlich sind. Doch ich habe gelernt, in diesen Fällen zu improvisieren, und weiß, was ich stattdessen verwenden kann. Bei meiner Arbeit gehört das natürlich auch dazu: Bei Kochbüchern aus anderen Ländern Anmerkungen einfügen, wie man exotische Zutaten ersetzen kann. Irgendwann geht das schon fast automatisch.

Manchmal neige ich aber auch zu Spontankäufen, wenn am Gemüsestand der grüne Spargel ganz laut ruft: Nimm mich mit! Dann komme ich zuhause an und schaue nach, was ich damit kombinieren kann.

Und dann gibt es da noch die Tage, an denen die Zeit zum Einkaufen nicht mehr gereicht hat. Da schaue ich einfach in den Kühlschrank und sage mir: Rote Bete und Nudeln von gestern – schauen wir doch mal, was sich daraus zaubern lässt?

Wie wir aus der Falle der klassischen Drei-Elemente-Küche ausbrechen können

Wer wie ich dann einfach »aus dem Ärmel« eine Kombination schüttelt oder ein Rezept abwandelt, hat sicher auch eine Idee im Kopf, was nachher auf dem Teller landen soll. Der klassische deutsche Grundriss funktioniert nach drei Elementen auf dem Teller, ähnlich wie »Schni-Po-Sa« (Schnitzel-Pommes-Salat): Fleisch, Sättigungsbeilage und was Grünes wie Salat oder Gemüse.

Logischerweise müssten also vegetarische Gerichte aus Sättigungsbeilage mit Grünem bestehen. Aber wie ihr euch selbst denken könnt: Das funktioniert so nicht. Wer konsequent vegetarisch lebt, weiß natürlich, dass er außer Kohlenhydraten (Nudeln, Reis, Brot, Kartoffeln, usw.) und Gemüse auch Eiweiß (Eier, Milchprodukte, Nüsse etc.) braucht.

Ich bin ja »nur« Flexitarierin und möchte unter anderem auf Fleisch aus Massentierhaltung verzichten. Früher schmeckte mir das Zweier-Schema »Nudeln mit Gemüse« einfach oft langweilig. Ich habe dann meine spontanen Nudel- oder Reis-Gemüse-Pfannen oft mit Speckwürfeln oder Hühnchenfilet aufgepeppt. Es fehlte mir sonst einfach der »Biss«, das Ganze schmeckte mir zu sehr nach Baby-Gläschen.

Versuch’s doch mal vegetarisch!

Ich stellte fest, dass mir zu den oft milden Geschmacksnoten der Gemüse und Beilagen der gewohnte Geschmack nach Fett und Salz fehlte. Aber war es wirklich das, was ich vermisste? Waren es nicht eher die Röstaromen, das Würzige, eben alles, was den Geschmack »herzhaft« ausmacht?

Als keine Schinkenwürfel mehr im Kühlschrank waren, musste ich wieder einmal improvisieren. Produkte, die den Fleischgeschmack imitieren, sind für mich nur ein »trauriger« Ersatz. Und hier kommen wieder die Kochbücher und kulinarischen Blogs ins Spiel: Da gibt es eine Menge neue Kombinationen, mit denen ich meinen Standardrezepten auch ohne Schinken oder Tofuwürstchen einen herzhaften, vollen Geschmack und den gewünschten »Biss« geben kann. Und wie durch Zufall bringen die neuen Zutaten meist auch das Eiweiß mit, das wir brauchen. Der Geschmackssinn führt einen quasi von selbst auf die richtige Spur.

Der Geschmacksretter in der Not: Käse

Käse liefert natürlich Fett und meist auch Salz. Wenn man zudem auf Fleisch verzichtet und den Anteil an Gemüse groß hält, darf man sich das auch gönnen. Ganz klassischer Reibkäse über der Gemüsepfanne, dann den Deckel drauf und kurz schmelzen lassen, so habe ich angefangen. Dann kamen die Fetawürfel dazu, die weniger fettig sind, aber einen intensiven, frischen und vor allem salzigen Geschmack geben. Sie passen zu Spargel wie zu Tomaten oder aber auch ganz wunderbar zu Roten Beten. Sie sollten erst ganz zum Schluss von oben über das Gericht gestreut werden, weil sie leicht am Pfannenboden anbrennen.

Für die Röstaromen nehme ich oft Halloumi, den ich ebenfalls in kleine Würfel schneide, damit ich mehr Kruste bekomme. Der Halloumi ist außerdem schön saftig. Er harmoniert darum gut mit mehligem Gemüse wie Kürbis oder Kartoffel, aber auch mit Karotten.

Meine Geheimwaffe, wenn es nicht um Biss, sondern nur um die Abrundung des Gerichts geht, ist Ziegen-Frischkäse. Er gibt vielen Gerichten genau die Note von salzig und herzhaft, eben »umami«, die sie brauchen. Besonders bei Suppen ist er unschlagbar, um den Unterschied zur langweiligen Babykost zu machen. Inzwischen habe ich dank französischer Kochbücher auch die Ziegenkäserolle für mich entdeckt. In Scheiben geschnitten bildet sie bei mir die untere Schicht in Gemüsequiches und Tartes und passt mit ihrem stärkeren Geschmack auch zu Roten Beten oder Mairübchen.

Wenn das Schinken-Sandwich plötzlich aus Zucchini besteht

Gemüse als Zutat zu Gemüse? Das klingt im ersten Moment verrückt, aber es geht: Vor allem eingelegtes Gemüse, im Stil der italienischen Antipasti, bietet viel Geschmack und einen saftigen Biss. Kleine Stückchen von getrockneten Tomaten in Olivenöl sind bei mir der klassische Ersatz für Schinkenspeck: fettig, salzig, mit intensivem Geschmack. Sie passen zum Beispiel in eine Bratkartoffelpfanne, in ein Rührei oder eine Quiche Lorraine. In Öl eingelegte Zucchini findet man jetzt in meinen ehemaligen Schinken-Sandwiches – als Ersatz für den Schinken.

Vom Geschmack her eher neutral, aber toll für einen knackigen Biss in Sandwiches sind Mungobohnen-Sprossen. Bei Gemüsepfannen nehme ich lieber Bambussprossen aus dem Glas, weil sie nicht so schnell weich werden und das Gericht schön knackig machen. Ein weiteres Gemüse, das einen herzhaften, knackigen Geschmack beisteuert, ist auch Sellerie. Wer gern spontan und schnell kocht, sollte auf kleine Würfelchen oder grob geraffelte Sellerieknolle setzen.

Das richtige Röstaroma gelingt dank Nüssen

Tadaa! Nüsse sind mein neuer Favorit, wenn es um einen knackigen, kräftigen Geschmack ohne Fleisch geht! Ich röste sie oft ohne Fett in einer separaten Pfanne kurz an, wegen der berühmten Röstaromen, und gebe sie dann erst am Schluss über das Gericht. Wer den richtig rauchigen, kräftigen Geschmack wie von Räucherspeck braucht, nimmt Walnüsse, zum Beispiel zu Gemüse wie Kürbis, Auch zu Wirsing oder in eine Carbonara-Sauce passen geröstete Walnüsse sehr gut. Es müssen keine makellosen Walnusshälften sein, Bruch ist günstiger und praktisch.

Zum kräftigen, leicht bitteren Geschmack von Kohlsorten passen auch Haselnüsse gut. Ich finde, Rosenkohl vom Blech mit Haselnüssen ist im Winter eine tolle Kombination.

 

Wer feinere Aromen mag, dem empfehle ich hingegen Pinienkerne. Sie sind nicht ganz billig, aber man braucht auch nicht viele. Diese sollte man unbedingt leicht anrösten, bis sie duften. Ich gebe sie über grünen Spargel, Auberginen oder Blumenkohl aus dem Ofen.

In meine Currys packe ich gerne Cashew-Kerne. Diese passen auch zu den meisten Gerichten, in denen ich früher Hühnchenfilet verwendet hätte, zum Beispiel zu Möhren mit Zitrone und Basilikum.

Nicht vergessen sollte man auch die »kleinen« Nüsse wie Sonnenblumenkerne und Sesamkörner. Sesam passt super zu vielen asiatischen Gerichten. Über das fertige Gericht gestreut, geben sie dem Ganzen noch einmal einen Dreh. Und Sonnenblumenkerne passen gut zu milden Gemüsen wie Süßkartoffeln, Möhren oder Gartenbohnen.

Gewürze, Kräuter und Co.

Wenn man Fleisch anbrät, hat man gleich eine Grundlage für eine Sauce mit viel Geschmack. So leicht ist es bei Gemüse nicht, jedenfalls nicht, wenn es gekocht oder gebraten wird. Wenn ich das Gemüse aber kurz in einer Schüssel mit Olivenöl schwenke und dann im Ofen röste, stecken darin schon einmal eine ganze Menge köstlicher Röstaromen. Natürlich kann ich das Öl auch vorher zum Beispiel mit Kräutersalz und Kreuzkümmel würzen. Das geröstete Gemüse nasche ich manchmal gleich vom Blech, oder ich lasse es etwas länger im Ofen, püriere es und mache eine Suppe daraus, die so einen kräftigen Geschmack erhält. Hinzu kommen dann noch Gemüsebrühe und Sojasoße. Beides hilft mir bei den meisten Saucen, die ein bisschen »mehr« an Geschmack brauchen. Und wenn das nicht reicht, kommt noch ein wenig süßlich-säuerliche Balsamico-Creme hinzu. Sojasoße ist für mich ein Alleskönner. Ich nehme sie unter anderem auch, um Tofuwürfeln Geschmack zu verleihen: Sie werden vor dem Braten eine Nacht in der Soße eingelegt, dann abgetropft und in Mehl oder Sesamkörnern gewälzt. Diese Mischung aus der würzigen Sojasoße und einer knusprigen Kruste ist unschlagbar gut.

Ähnlich wie das Rösten im Ofen funktioniert das Karamellisieren: Dazu gebe ich etwas Honig, Sojasoße oder Balsamico-Creme an mein köchelndes Gemüse und lasse die Flüssigkeit verkochen. Der Zucker überzieht das Gemüse mit einer leicht goldenen Kruste. Das funktioniert zum Beispiel super mit Mairübchen.

Gemüsetartes kann man kurz vor dem Ende der Backzeit mit ein wenig Honig überziehen und unter dem Grill des Ofens karamellisieren – super bei Tartes mit Roten Beten oder Pastinaken!

Was natürlich bei Suppen, Eintöpfen und gehaltvollen Saucen immer geht, ist Knoblauch – mit den üblichen Risiken und Nebenwirkungen. Ich kann nicht sagen, warum das so ist, aber bei vegetarischen Suppen, bei Veggie-Bolognese oder Veggie-Lasagne mit Knoblauch hat man nie den Eindruck, dass etwas fehlt. Und bei Spinat ist Knoblauch in unserer Küche sowieso ein Muss!

Seit Schinkenspeck und angebratenes Hack oder Hühnchen nicht mehr meine Allheilmittel sind, um einen kräftigen Geschmack in die Gemüsepfanne zu bekommen, verwende ich viel mehr Kräuter. Ich gebe zum Beispiel eine größere Menge leicht angeröstete Salbeiblätter mit in die Pfanne, da habe ich es leicht, weil ich Salbei im Garten habe, der regelrecht wuchert.

Zu Roten Beten nehme ich am liebsten Thymian. Eine tolle Gewürzmischung zum Beispiel zu Auberginen ist hier das syrische Za’atar oder Zatar aus wildem Thymian, Sumach und Sesam. Den Kreuzkümmel hatte ich oben schon erwähnt, er gibt so einen schönen »warmen« Geschmack.

Mein »Werkzeugkasten« in der Küche

Wie man sieht, ist mit der Zeit ein ganzer »Werkzeugkasten« entstanden, mit dem ich mein Gemüse aufpeppe. Dabei wird wild kombiniert: Zum Kürbis kommen geröstete Salbeiblätter, Walnüsse und Feta. Zu den Roten Beten Thymian, Ziegenkäse und Balsamico-Creme. Zu den Bratkartoffeln wieder Salbei, aber mit getrockneten Tomaten und Halloumi. Zu Süßkartoffeln, aber auch zu Pastinaken Sojasoße, Balsamico-Crema und Sesam. Und so könnte ich diese Liste unendlich weiterführen und kombinieren.

Natürlich ist mein Werkzeugkasten noch lange nicht komplett, und es lohnt sich immer wieder, über den Tellerrand zu schauen. Im Moment beziehe ich natürlich viele Ideen aus Blogs und Kochbüchern, aber ich freue mich auch darauf, in einem der umliegenden Restaurants einen vegetarischen Hamburger zu bestellen, um zu entdecken, was darin ist und wie ich es in meiner eigenen Küche variieren kann!

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