Eine Brücke bauen – Dialog statt Kommando

Zum Umgang der katholischen Kirche mit homosexuellen Menschen. Ein Beitrag zur aktuellen Debatte

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Die römische Glaubenskongregation hat für Aufsehen und – in weiten Teilen der deutschen Kirche – für Empörung gesorgt. Dieser Tage wurde die Stellungnahme der vatikanischen Behörde bekannt, die auf den 22. Februar 2021 datiert ist. In ihr wird eine Segnung homosexueller Partnerschaften durch die katholische Kirche kategorisch ausgeschlossen: »Gott segnet nicht die Sünde und er kann sie nicht segnen«.

Nachdem Papst Franziskus in persönlichen Stellungnahmen ein Umdenken der Kirche angedeutet hatte, trifft das römische Nein zu schwulen und lesbischen Lebensgemeinschaften Personen und Initiativen in Deutschland besonders hart. Denn das Thema eines neuen kirchlichen Umgangs mit homosexuellen Gläubigen gehört zur Agenda des Reformprozesses »Synodaler Weg«, zu dem sich deutsche Bischöfe und Laien aufgemacht haben. Dr. Georg Bätzing,  Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, hatte mehrfach deutlich gemacht, dass die Kirche für die gottesdienstliche Feier schwuler und lesbischer Lebenspartnerschaften Formen finden müsse, »die nicht nur im Privaten greifen, sondern auch eine öffentliche Sichtbarkeit haben«.

Eine Entschuldigung ist notwendig

Stadtdekan Johannes zu Eltz, Vertreter des Bischofs von Limburg in Frankfurt am Main, betreut schon seit Jahren seelsorgerlich das vor 3 Jahrzehnten in der Mainmetropole entstandene Projekt schwul und katholisch. Er sieht eine neue Haltung der amtlichen Kirche gegenüber homosexuellen Menschen für dringend geboten. Eine Jubiläumsfeier dieses Projekts nahm er zum Anlass, um »… für mich und meine Kollegen in den Leitungsämtern der katholischen Kirche für all die vielen Male um Vergebung zu bitten, wo wir ohne Anschauung, ohne Verständnis, ohne Erbarmen über Sie geredet haben, statt mit Ihnen zu sprechen; wo wir Ihnen das Rechtsein, das Christsein abgesprochen haben und das Sosein, das Dasein abgesprochen hätten, wenn das ginge. Dagegen sanftmütig und freimütig anzugehen und für sich Menschen- und Christenrechte in der katholischen Kirche zu reklamieren, nolens volens oft bei denselben, die Sie verletzt und sich gegen Sie versündigt haben, das ist eine reife Leistung!«

Mit Menschen sprechen, nicht über sie entscheiden

Seine Vergebungsbitte wiederholt der Dekan in seinem Geleitwort zur deutschen Ausgabe des Buches »Eine Brücke bauen«. In diesem Buch legt der amerikanische Jesuitenpater und Publizist James Martin dar, was es für die katholische Kirche heißen könne, sich respektvoll, mitfühlend und empathisch auf das Gespräch mit ihren Mitgliedern einzulassen, die schwul, lesbisch, bisexuell oder trans* sind. Mit ihnen zu sprechen, statt über sie zu entscheiden, hält auch Johannes zu Eltz für den ersten Schritt: »Als nächster Schritt steht für mich mit der Wertschätzung der Lebenspartnerschaft homosexueller Menschen die Möglichkeit der Segnung im Rahmen einer liturgischen Feier an. Die entscheidende Frage ist: Kann die Kirche erkennen, dass in diesen Partnerschaften Gutes geschieht? Dass Paare, die nicht heiraten können, indem sie zusammenleben, sittliche Güter hervorbringen und ihrer Umwelt zustiften: Liebe, Treue, Verbindlichkeit, Fruchtbarkeit, Keuschheit? Wenn es das gibt, dann gibt es auch die Möglichkeit, diese Güter gutzuheißen und Gottes Förderung und Vorsehung anheimzustellen. Das nennen wir Segnung«, so zu Eltz in seinem Geleitwort.