100 Jahre Matthias Grünewald Verlag

Ein theologischer Verlag mit Tradition. Eine Bestandsaufnahme von Volker Sühs, Lektor des Programmbereichs Theologie
beim Matthias Grünewald Verlag

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Der Matthias Grünewald Verlag – Ein Verlag mit über 100 Jahren Geschichte

Im Advent 1918 wurde der Matthias Grünewald Verlag im Umfeld der katholischen Bibelbewegung und der Liturgischen Bewegung in Mainz gegründet. Eine Hauptfigur war der bedeutende Religionsphilosoph und Theologe Romano Guardini, dessen Werk der Verlag bis heute pflegt. Auch wenn die Verlagsgeschichte nicht immer geradlinig verlief, der Verlag im Jahr 1944 durch die Reichsschrifttumskammer geschlossen und im Zweiten Weltkrieg das Verlagshaus mit seinem Archiv vollständig vernichtet wurde, lässt sich mit berechtigtem Stolz sagen, dass es im deutschsprachigen Raum nicht viele Verlage gibt, die auf eine solch lange Geschichte zurückblicken können.

»Die Kirche erwacht in den Seelen«

Romano Guardini fasste die Aufbrüche einer Theologie, die sich aus dem Korsett der neuscholastischen Schultheologie zu befreien begann, in sein berühmtes Wort »Die Kirche erwacht in den Seelen«. In dieser Richtung engagierte sich der Verlag durch die Gewinnung von Autoren und die Besetzung von Themen, die in den 1950er Jahren des 20. Jahrhunderts vorbereitend wirkten für das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965). Der Verlag wollte auch hier Wegbegleiter und Wegebereiter sein für eine Theologie und Kirche, die die Zeichen der Zeit aufgreift, im Licht der Tradition deutet und mutig nach vorne in die Zukunft hin reflektiert.

Führende Theologen stehen für ein zeitgemäßes und zukunftsgewandtes Theologie-Programm

Nach dem Konzil verstand es die damalige Verlagsleitung, immer wieder bedeutende Theologen zu gewinnen, die die Impulse des Konzils vorantrieben und mit dem Konzil über es hinausgingen, um nicht beim einmal Erreichten stehenzubleiben. Sie arbeiteten für eine neue Art von Theologie und Kirche. Grünewald hatte das Glück und das Geschick, Autoren zu gewinnen und an den Verlag zu binden, die prägend werden sollten für eine ganze Theologengeneration. Zu nennen wären hier unter anderem Johann Baptist Metz, Otto Hermann Pesch und Edward Schillebeeckx, aber auch Walter Kasper oder Theodor Schneider. Mit der Aufnahme von Autoren wie Gustavo Gutiérrez, Leonardo Boff und Jon Sobrino ins Programm leistete der Verlag Pionierarbeit, um befreiungstheologische Ansätze für den deutschsprachigen Raum zugänglich zu machen. Bis heute sehen wir hierin einen wesentlichen Schwerpunkt der Programmarbeit, um Theologinnen und Theologen ein Forum für auf diesen Ansätzen fußende Arbeiten zu bieten, die die Relevanz von Glaube und Theologie für die Gegenwart in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen.

Hierin spielt auch die Internationale Zeitschrift für Theologie »Concilium« eine wichtige Rolle, deren deutschsprachige Ausgabe seit ihren Anfängen bei Grünewald erscheint. Yves Congar, Hans Küng, Johann Baptist Metz, Karl Rahner, Edward Schillebeeckx u.a. entwickelten mitten in den Jahren des Aufbruchs des Konzils eine Zeitschrift, die in neuartiger Weise kirchliche Pastoral und theologische Forschung verbinden sollte.

Eine »Festschrift« zu Ehren des Verlages

Gerade weil der Verlag seit seinem Bestehen immer ein Forum für eine innovative, unkonventionelle und zukunftsorientierte Theologie war, ist uns seine wechselvolle Geschichte zugleich eine Verpflichtung, gemeinsam mit unseren Autorinnen und Autoren einen Beitrag zu leisten für eine inspirierende, menschendienliche, mutige und vorwärtsweisende Theologie, die die Herausforderungen in Gesellschaft und Kirche annimmt und kreative neue Ansätze entwickelt.

Aus diesen Überlegungen heraus entstand die Idee für eine kleine »Festschrift«: »Die entscheidenden Fragen der Zukunft. Theologinnen und Theologen nehmen Stellung – Essays anlässlich 100 Jahren Matthias Grünewald Verlag«.

Der Verlag bietet ein Forum für eine Theologie, die etwas zu sagen hat

Die Einladung an die Autorinnen und Autoren beinhaltete die Frage »Worin sehen Sie die entscheidende theologische Frage der Zukunft?«. Versammelt sind in dem Band nun spannende Beiträge, die wie in einem Brennglas die Vielfalt und Bandbreite heutiger Theologie bündeln. Die Autorinnen und Autoren identifizieren aus ihrer je persönlichen Perspektive die drängendsten Herausforderungen, mit denen sich Gesellschaften, Wissenschaften und Kirchen konfrontiert sehen.

Deutlich wird aber auch unsere Positionierung als theologischer Verlag im 21. Jahrhundert: Wir wollen unseren Autorinnen und Autoren, unseren Leserinnen und Lesern ein Forum bieten für eine Theologie, die etwas zu sagen hat.

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