Von Gründonnerstag bis Osterei – Österliche Bräuche und Speisen

Wollten Sie schon immer wissen, warum der Donnerstag vor Ostern »grün« ist und warum wir Eier bemalen? Christa Spilling-Nöker antwortet hier und in ihrem Buch »Himmlische Zeiten« auf die wichtigsten Fragen rund um das Osterfest

Ostern Inspiration Frühling Familie

Christa Spilling-Nöker ist langjährige Autorin in der Verlagsgruppe Patmos und begeistert stets mit ihrem poetischen und erzählerischen Talent. Ihre Texte und Kurzgeschichten sind Inspirationen für den Alltag.

In ihrem Buch »Himmlische Zeiten. Geschichten, Bräuche und Rezepte. Wie das Jahr noch wunderbarer wird« führt sie uns im Reigen der Feste vom 1. Advent bis zum Martinsfest einmal durchs Jahr. Hierbei gibt es viele Traditionen und Brauchtümer zu entdecken, die zum Teil schon in Vergessenheit geraten sind – und an die sie uns erinnern möchte. Entdecken Sie daher in dem folgenden Auszug aus »Himmlische Zeiten« Bräuche und Traditionen rund um das Osterfest.


Warum ist der Gründonnerstag grün?

Bei »Gründonnerstag« denkt man sogleich, dass er etwas mit der Farbe Grün zu tun haben muss. Zunächst einmal aber geht die Bezeichnung auf die mittelhochdeutschen Wörter gronan, grinen und greinen für klagen und weinen zurück. Der Begriff Greindonnerstag  hat sich im Laufe der Zeit vermutlich zu Gründonnerstag verschlissen.

An Gründonnerstag, dem Tag vor dem Karfreitag, wurden die Büßer, die Klagenden und Weinenden, die am Aschermittwoch aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen worden waren, wieder in die Gemeinde aufgenommen und damit zur Mitfeier des Gottesdienstes zugelassen. Das Weinen und Klagen kann sich aber auch auf die Ölbergstunden Jesu vor seiner Verhaftung, auf sein Gebet unter »lauten Schreien und Tränen« (Hebräerbrief der Bibel), beziehen.

Grün ist die Hoffnung – und darum auch die Speisen

Auch wenn der Ursprung des Namens »Gründonnerstag« wohl nicht auf die Farbe Grün zurückgeht, so knüpfen spätere Deutungen doch daran an: Grün steht für die Hoffnung auf den kommenden Frühling und das Erwachen der Natur. So hat man in dieser Jahreszeit schon vor der christlichen Missionierung etwas Grünes gegessen.

Einem germanischen Brauch entsprach es, zu Ehren des Donnergotts Thor Nesseln mit grünem Kohl zu essen. Dieses Kohlgericht wurde auch durch andere grüne Gemüse und Kräuter wie Brunnenkresse, Hopfenkeime oder Scharbockskraut ergänzt: Man glaubte, dass die am Gründonnerstag gepflückten Kräuter eine besondere Heilkraft besaßen. Bei der traditionellen Siebenkräutersuppe als auch bei der Neunkräutersuppe, spielen wieder die Zahlen 7 und 9 als Zahlen der Ganzheitlichkeit eine Rolle.

Die Siebenkräutersuppe enthielt Lauch, Salat, Spinat, Petersilie, Schnittlauch, Sauerampfer
und Löwenzahn. Die Neunkräutersuppe enthielt zum Beispiel Brunnenkresse, Lauch, Nesseln, Sauerklee, Wegwarte, Löwenzahn, Bibernelle, Bachbunge und Fetthenne.

Da Ostern – und damit zugleich natürlich die Karwoche – mal bereits in den März, mal erst in den April fällt, wurden im Allgemeinen die Kräuter verwendet, die zur entsprechenden Zeit gediehen waren, sodass man sich nicht immer an die oben vorgegebene Auswahl an Kräutern halten konnte.

Das kennt jedes Kind: das Oster-Ei

Und was hat das Oster-Ei mit Ostern zu tun? Am Ostermorgen war es in katholischen Gemeinden von alters her Sitte, Speisen, auf die man in der Fastenzeit hatte verzichten müssen, in einem Korb zur Kirche zu tragen, um sie dort weihen zu lassen. Dazu gehörten eben Eier, daneben Salz, Speck, Schinken, Osterfladen und das gebackene Lamm mit der Siegesfahne. Dieser Brauch wird auch heutzutage noch vereinzelt in katholischen Gemeinden praktiziert.

Aber warum gerade Eier? Aus vielen guten Gründen!

Dem Ei kommen unterschiedliche Bedeutungen zu. Schon bei heidnischen Frühlingsfesten war es Symbol für die wiedererwachende Pflanzen- und Tierwelt. Im Christentum versinnbildlichte es die Auferstehung: So wie ein Küken die Schale zerbricht, um ans Leben zu kommen, hat Christus die Grabeshöhle aufgesprengt. Seit dem 13. Jahrhundert wurden die Eier traditionell rot eingefärbt; rot ist die Farbe des Blutes Christi, des Lebens, des Feuers und der Liebe und steht daher auch für die brennende Liebeskraft des Heiligen Geistes.

Zudem sammelten sich dort, wo die Fastenzeit streng eingehalten worden war, in den letzten Wochen und Tagen vor Ostern zahlreiche Eier an, die gekocht oder in kühler Erde, in Sägespänen oder als Soleier in Salzlake konserviert worden waren. Von daher erklären sich auch die unterschiedlichsten Eiergerichte auf der österlichen Speisekarte.

Wieso aus einem Lammbraten ein zuckriges Lämmchen wird

Neben den Eierspeisen hat sich zu Ostern – aufgrund von biblischen Bezügen – vor allem der Verzehr von Lammgerichten eingebürgert. Wer sich kein Fleisch leisten konnte, hatte wenigstens die Möglichkeit, sich ein Osterlamm zu backen. Entsprechende mit Puderzucker bestäubte oder mit Zuckerguss überzogene Gebildbrote, die meistens ein rot-weißes Fähnchen tragen, gibt es auch heute noch in unseren Bäckereien und Konditoreien zur Osterzeit zu kaufen.

Die Frage der Fragen: Was hat es nun aber mit dem Osterhasen auf sich?

Heutzutage ist der Hase ein »Symboltier« für Ostern geworden. In Psalm 104 der Bibel heißt es: »Die hohen Berge gehören dem Steinbock, dem Klippdachs bieten die Felsen Zuflucht.« Hier hatte der Kirchenvater Hieronymus (347–420), der die Bibel ins Lateinische übersetzt hatte, das hebräische Wort schafan (»Klippschiefer«, ein dem Hasen ähnlichem Tier) mit lepusculus (»Häschen«) übersetzt. Da die Christen Jesus als ihren Fels und Zufluchtsort verstanden, wurden sie schon bald als Hasen bezeichnet. Diese Interpretation begründet möglicherweise die Hasensymbolik in der christlichen Ikonografie.

Aber der Hase hat im Christentum auch schon andere Zeiten durchlebt. Gerade seine in heidnischen Zeiten hoch geschätzte Fortpflanzungslust handelte ihm im frühen Mittelalter bei den Christen einen schlechten Ruf ein. Um die Menschen davor zu schützen, der Triebhaftigkeit des Tieres zu verfallen, verbot Papst Zacharias im Jahr 751 jeglichen Verzehr von Hasenfleisch. Wie aber wurde der Hase zum Osterhasen? Dazu gibt es verschiedene Herleitungen, aber keine eindeutige Erklärung. Ein Erklärungsversuch erzählt, dass ein Gebildbrot, welches ein Osterlamm darstellen sollte, sich im Backofen derart verformt habe, dass es als Hase gedeutet wurde. Eine andere Spur weist ins 17. Jahrhundert: Als Eierbringer ist der Osterhase immerhin bereits seit dieser Zeit im Elsass belegt.

Ab Mitte des 18. Jahrhunderts sind Ostereier belegt, die mit Hasenbildern bemalt waren und vermutlich zu der Bezeichnung »Haseneier« geführt haben.

Ostergedicht

Wenn die Schokolade keimt,
wenn nach langem Druck
bei Dichterlingen
»Glockenklingen« sich
auf »Lenzesschwingen«
endlich reimt,
und der Osterhase hinten
auch schon presst,
dann kommt bald das Osterfest.
Aber morgens auf dem Frühstückstische
fünf, sechs, sieben flaumweich
gelbe frische
Eier. Und dann ganz hineingekniet!
Ha! Da spürt man, wie die Frühlingwärme
durch geheime Gänge und Gedärme
in die Zukunft zieht,
und wie dankbar wir für solchen Segen
sein müssen.
Ach, ich könnte alle Hennen küssen,
die so langgezogene Kugeln legen.

Joachim Ringelnatz (1883–1934)

 

Über die Autorin

Christa Spilling-Nöker

Christa Spilling-Nöker

Dr. Christa Spilling-Nöker, geboren in Hamburg, Pfarrerin der badischen Landeskirche a. D. mit pädagogischer und tiefenpsychologischer Ausbildung. Sie lebt heute als Schriftstellerin in Ettlingen. Ihr…

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