Vom Glück, eine Heimat zu haben

Ursprünglich ist »Heimat« ein juristischer Begriff, jedoch wird »Heimat« in unserer komplexen Welt zunehmend zum Sehnsuchtsort. Mit ihm verbinden wir ein Gefühl von Geborgenheit, Wärme und Nähe.

Gesellschaft Ermutigung Wertschätzung

»Heimat ist der Moment, in dem man aufhört zu rennen. Es ist der Augenblick, in dem man innehält und spürt: Hier will ich sein.«
Britta Baas

Kochbücher mit Rezepten aus der Heimat haben Hochkonjunktur. Der Tourismus im Inland boomt – nicht erst seit Corona-Zeiten. Regionale Krimis oder Musikgruppen, die im Dialekt singen, erklettern die Charts. Mit klangvollen Eigenmarken wie »Aus Liebe zur Heimat« werben Supermarktketten für heimische Produkte.

Seit einiger Zeit erfährt Heimat eine Renaissance. Für Psychologinnen und Trendforscher ist das kein Zufall. Je komplexer und unsicherer unsere globalisierte Welt wird, umso mehr sehnen wir uns nach Orientierung, Sicherheit und Geborgenheit – nach »Beheimatung«. Dabei war und ist es nicht immer leicht, von Heimat zu sprechen. Zu ungenau und unklar ist, was Heimat genau bedeutet. Gerade diese begriffliche Unbestimmtheit führt dazu, dass Heimat als vielfache Projektionsfläche dient. Lange Jahre galt das Wort durch seine Verwendung im Nationalsozialismus als ideologisch vorbelastet.

Die ursprüngliche Bedeutung war dagegen sachlich und meinte ein Wohnrecht mit Schlafstelle im Haus. Eine rein juristische Bezeichnung, nämlich dafür, in welcher Gemeinde man beheimatet war, um daraus ein Aufenthalts- oder Bleiberecht abzuleiten. Eine Art Fachbegriff des Meldewesens aus dem 19. Jahrhundert, wo man Bürger der Gemeinde blieb, in der man geboren war. Über die Jahrzehnte erfuhr der Heimatbegriff immer wieder eine Wandlung. Bis heute wird er gern politisiert und im Diskurs auch als Markierung einer Trennung zwischen dem Eigenen und dem Fremden verwendet.

Das eine ist jedoch der Begriff, das andere das Gefühl. Und die Frage stellt sich: Wie denken die Menschen darüber? Was verstehen wir unter Heimat? Wie wichtig ist es für uns, eine Heimat zu haben? In der Vermächtnis-Studie von ZEIT, infas und WZB wird der Heimatbegriff 2019 empirisch so umfassend untersucht wie nie zuvor. Dabei stellt sich heraus, dass für 89 % der Befragten Heimat eine sehr große Bedeutung hat. Und vor allem: dass für die meisten Menschen Heimat etwas Verbindendes, nicht Trennendes ist.

Genau darum geht es auch den ausgewählten Autorinnen und Autoren in »Liebe Heimat«. Sie erzählen vom Glück, eine Heimat zu haben, oder der Sehnsucht, sie endlich zu finden. Für manche ist Heimat ein Ort oder eine Herkunft. Für andere liegt sie in der Kindheit oder im Schatz der Erinnerungen verborgen. Der Wunsch nach Sicherheit und Geborgenheit in einer unsicheren Welt lässt viele ihre Heimat bei Familie und Freunden sehen. Ein anderer braucht nur in einen Apfel zu beißen, und schon ist die Heimat für ihn gegenwärtig. Manchmal muss man seine Heimat aber auch erst verlassen, um zu spüren, was Heimat bedeutet.

Hier kommen die Menschen zu Wort. Und sie zeigen vor allem eins: Heimat ist für jeden etwas ganz persönliches. Denn Heimat ist immer dort, wo das Herz zu Hause ist.

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