Unterwegs: Der Papst und die Synode
Thomas Söding war theologischer Experte auf der Weltsynode 2021−2024. In seinem Buch zur Weltsynode und Papst Leo XIV. schreibt er über die zentrale Bedeutung der Synode für die Zukunft der Kirche.
Aktuelles Glaube GesellschaftVon 2021 bis 2024 hat in Rom die Weltsynode über Synodalität stattgefunden. Die Synode ist der ernsthafte Versuch, ein Verfassungsproblem zu lösen, das durch eine Überbetonung des hierarchischen Bischofsamtes entstanden ist und eine garantierte Beteiligung des Kirchenvolkes überall dort erfordert, wo die Zukunftsfragen des Glaubens entschieden werden. An der Weltsynode habe ich als theologischer Experte teilgenommen, berufen vom Synodensekretariat.
Der wichtigste Aufbruch seit dem Konzil
Ich gehörte zu einer Gruppe von ca. 30 Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt. Es war in dieser Funktion meine vierte Weltsynode – und wahrscheinlich die wichtigste. Denn es ging nicht nur um ein zentrales Thema, sondern um die Art und Weise, katholische Kirche zu sein: Es ging darum, eine neue Form zu finden, in der künftig alle Themen, die in der katholischen Kirche brennen, behandelt werden sollen.
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hat es einen solchen Aufbruch und Umbruch nicht gegeben. Papst Franziskus (2013−2025) hat die Weltsynode einberufen und geleitet; er hat das Schlussdokument der Synode anerkannt und zur sofortigen Umsetzung der Anstöße aufgerufen, die von der Weltsynode ausgehen. Im März 2025 hat Papst Franziskus aus dem Krankenhaus heraus den Auftrag gegeben, einen Brief an alle Diözesanbischöfe dieser Welt zu schreiben, der einen detaillierten Plan für die Fortsetzung des synodalen Weges enthält. Alle Ortskirchen sollen Erfahrungen sammeln; 2028 soll eine weltweite »Kirchenversammlung« die Früchte ernten.
Ein neuer Papst
»Synodalität« ist zwar ein Kunstwort, macht aber das Grundverständnis von Kirche sichtbar und schafft Raum für reale Reformen. Es heißt: gemeinsamer Weg. Beides ist wichtig: nicht stehenzubleiben, sondern in Gang zu kommen, und zwar nicht gegeneinander, sondern miteinander, also gemeinsam.
Am Ostermontag 2025 ist Papst Franziskus gestorben. Am 8. Mai 2025 wurde Robert Francis Prevost, Leiter der päpstlichen Behörde für die Bischöfe und aktiver Teilnehmer der Weltsynode, zum neuen Bischof von Rom gewählt. Er hat sich den Namen Leo XIV. gegeben. Es wird für die Zukunft der Kirche entscheidend sein, dass Leo XIV. den synodalen Spuren seines Vorgängers folgt. Die Zeichen stehen gut. Aber der Beweis steht noch aus.
Was hat die Weltsynode angestoßen? Welche Rolle hat der neue Papst auf der Synode gespielt? Welche ersten Zeichen hat er gesetzt, an denen sein Kurs zu erkennen ist?
Erste Eindrücke und Herausforderungen
Im Februar 2025, nach der Weltsynode und vor dem Tod von Papst Franziskus, hat das Präsidium des Zentralkomitees der deutschen Katholiken Kardinal Prevost in Rom besucht. Wir wussten damals nicht, dass wir mit dem kommenden Papst sprachen. Der Synodale Weg in Deutschland, der in fünf Synodalversammlungen aus Bischöfen und Laienvertretern von 2019 bis 2023 getagt hatte, war in seinem Prozess und seinen Beschlüssen in Rom nicht unumstritten. Das gab Anlass zu Gesprächen. In unserer Begegnung mit dem späteren Papst haben wir den inneren Zusammenhang herausgestellt zwischen einer synodalen Reform der Kirche und ihrem Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit.
Ein erster Eindruck von unserem vatikanischen Gesprächspartner war: »Sehr gut vorbereitet, viel Anerkennung für unsere Arbeit, sachlich vorgetragene Kritik, auf die wir ebenso besonnen reagieren konnten.« Öffentliche Wirksamkeit setzt innerkirchliche Reformen voraus. Intransparenz, Misswirtschaft, Machtmissbrauch sind schwere Rückschläge für eine Kirche, die in der Öffentlichkeit für die Marginalisierten, die Armen, die Opfer eintreten will.
Das Schlussdokument der Weltsynode 2024 beginnt mit denselben Worten aus dem Johannesevangelium, mit denen Papst Leo XIV. sein Pontifikat begonnen hat: »Der Friede sei mit euch!«. In seinem ersten Gruß am 8. Mai 2025 hat Leo XIV. nicht nur die Friedensmission, sondern auch die Synodalität der Kirche gewürdigt. Auf der einen Seite: »Dies ist der Friede des auferstandenen Christus, ein unbewaffneter und entwaffnender Friede, demütig und beharrlich. Er kommt von Gott, dem Gott, der uns alle bedingungslos liebt.« Auf der anderen Seite: »Wir wollen eine synodale Kirche sein, eine Kirche, die unterwegs ist, eine Kirche, die stets den Frieden sucht, die stets die Liebe sucht, die sich stets bemüht, insbesondere denen nahe zu sein, die leiden.« Eine zentrale Botschaft Leos XIV. an die Kardinäle, die ihn gewählt hatten, lautete beim Zusammentreffen am 10. Mai 2025, dass er den synodalen Weg fortsetzt. Er hat sich also schon mit seinen ersten Worten zum synodalen Weg bekannt und dieses Thema vor den Kardinälen aufgegriffen.
Wohin will die katholische Kirche?
Im feierlichen Gottesdienst zu seiner Amtseinführung am 18. Mai hat Papst Leo XIV. eine Antrittspredigt gehalten, die der synodalen Erneuerung der Kirche die Tür öffnet. Er hat sich nicht nur auf innerkirchliche Themen beschränkt: Die synodale Erneuerung der Kirche ist ein Friedensprojekt im Dienst an der Einheit in einer zerrissenen Welt. Es lohnt sich, dem Prozess und den Dokumenten der Weltsynode 2021−2024 nachzugehen: Wie wird in dieser Versammlung der Stimmen der Weltkirche das Verhältnis von Einheit und Vielfalt genauer bestimmt? Wie wird das Verhältnis von Kirchenmitgliedern und Amtsträgern genauer geklärt? Wie wird das Verhältnis von Identität im Glauben und Öffnung im Dialog mit anderen genauer bestimmt? Die Antworten auf diese Fragen werden über den Weg der katholischen in die Zukunft entscheidend bestimmen.
Auszüge aus: Thomas Söding, »Wohin will die katholische Kirche? Die Weltsynode und Papst Leo XIV« (Grünewald 2025).
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