Musik trägt Frieden in die Welt

Wie gemeinsames Musizieren die Menschen verbinden und einander näher bringen kann. Ein Interview mit Margot Käßmann und Hans-Jürgen Hufeisen

Interview Weihnachten Advent Glaube

Lebe gut: Gemeinsam veröffentlichen Sie zum Weihnachtsfest 2025 ein Buch mit Musik-CD und überschreiben es mit »Die Botschaft vom Frieden«. Welche Hoffnung haben Sie für den Frieden in der Welt?

Margot Käßmann: Das ist doch eine Grundhoffnung aller Menschen, gleich welcher Kultur oder Nation: In Frieden leben zu können. Die biblische Botschaft ermutigt mich, immer wieder dafür einzutreten und daran festzuhalten: Das ist möglich für uns Menschen!

Hans-Jürgen Hufeisen: Wenn zwei junge Menschen miteinander in einem Musikensemble spielen, zum Beispiel ein Araber und ein Israeli, dann spielen beide ja die gleiche Note, mit der gleichen Kraft, mit dem gleichem Atembogen, mit gleicher Klangfarbe und dem gleichen Gefühl. Harmonie schwebt und weht im Raum. Da öffnet sich ein Türspalt, eine Hoffnung auf Frieden.

Eine friedvolle Welt für alle

Lebe gut: Frau Dr. Käßmann, Sie sind Theologin und waren Bischöfin. Sie sind auch Mutter und Großmutter. Welche Welt wünschen Sie sich an Weihnachten für Ihre Kinder und Enkelkinder?

Margot Käßmann: Mir ist wichtig, meinen Enkelkindern zu vermitteln, was Weihnachten wirklich bedeutet: Gott kommt in die Welt. Und zwar nicht mit großer Macht, sondern verletzlich wie ein Säugling. An uns ist es, Verantwortung zu übernehmen, damit alle Kinder in Frieden aufwachsen können. Ich wünsche meinen Enkelkindern eine friedvolle Welt, in der sie ihre Gaben frei und kreativ entwickeln dürfen.

Lebe gut: Herr Hufeisen, die musikalische Bandbreite Ihrer Musik-CD ist groß! Sie verbinden traditionelle und beliebte Advents- und Weihnachtslieder mit eigenen Kompositionen, aber auch mit Bettelliedern wie »In Mutters Stübele, da weht der Wind«. Was hat Sie bei Ihrer Auswahl geleitet?

Hans-Jürgen Hufeisen: Die Weihnachtsgeschichte selbst und die Betrachtungen dazu von Margot Käßmann. Ich nehme den Hörenden mit auf eine musikalische Reise durch die Begegnungen in der Weihnachtsgeschichte. Zum Beispiel durchdringen in der Musik zu den Hirten Freude und Eile die Musik. Oder wenn die Sterndeuter nach Bethlehem aufbrechen, stoßen sie auf den festlichen Schlusschor aus Bachs Weihnachtsoratorium. Aber die Weihnachtsgeschichte erzählt auch von der Tötung von Kindern durch König Herodes. Also unterbreche auch ich die weihnachtliche Stimmung mit Musik, die die Sehnsucht von Kindern in Kriegszeiten nach ihren Müttern einfängt.

Lebe gut: Frau Dr. Käßmann, in dem Buch »Die Botschaft vom Frieden« erschließen Sie die biblische Weihnachtsbotschaft, indem Sie sich in die verschiedenen Personen hineinversetzen, allen voran Maria und Josef. Was fasziniert Sie am meisten an diesen biblischen Weihnachtsgeschichten?

Margot Käßmann: Mich fasziniert, dass sie so elementar sind und immer wieder neu in das Weltgeschehen sprechen. Da ist dieses Paar in Not wie so viele auch heute. Da ist das schutzbedürftige Kind. Die Hirten auf der Suche nach Hoffnung, die Weisen auf der Suche nach Zukunft und am Ende die Engel, die Gottes Friedensbotschaft verkünden. Das spricht so aktuell in unsere Hoffnungen heute, das begeistert mich immer wieder aufs Neue.

Gemeinsames Singen schafft einen Raum des Glücks

Lebe gut: Herr Hufeisen, Sie sind in einem evangelischen Kinderheim aufgewachsen. Wie haben Sie Weihnachten dort erlebt? Was ist Ihnen heute noch am Weihnachtsfest wichtig?

Hans-Jürgen Hufeisen: Die Adventssonntage in dem Kinderheim, in dem ich meine Kindheit verbrachte, habe ich ganz besonders in Erinnerung. Das hohe Treppenhaus mit seiner geschwungenen Treppe wurde festlich geschmückt, nachmittags versammelten sich alle Kinder und Erzieherinnen, und wir sangen die Lieder des »Quempas«, einer weihnachtlichen Liedersammlung. Mehrere Male durfte ich eine besondere Rolle übernehmen: Von ganz oben sang ich allein die Engelsbotschaft: »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden« Dann stieg ich singend die geschwungene Treppe hinab zu den Hirten, die unten vor Freude tanzten. Eine Einsicht hat sich seitdem bei mir verankert: Das gemeinsame Singen schafft einen Raum des Glücks, einen Moment, in dem so etwas wie Frieden in unsere verletzten Kinderherzen Platz nahm.

Lebe gut: Frau Dr. Käßmann, Sie schreiben in Ihrem Buch, dass Menschen die Weihnachtsgeschichte immer anders hören, ob als Kind oder, als Jugendliche, als Paar oder als Eltern, nach einer Trennung oder einem Verlust. Wenn Sie für sich zurückdenken: Gibt es ein bestimmtes Weihnachtsfest, das Ihnen persönlich am meisten in Erinnerung geblieben ist?

Margot Käßmann: Es war ein Heiliger Abend während des Gottesdienstes in der Kirche mit meinen vier Töchtern, die Jüngste noch kein Jahr alt – da war mir so bewusst, wie sehr jede Mutter sich Schutz für ihre Kinder wünscht und wie elementar diese Geschichte ist für alle Mütter der Welt an jedem Ort und zu jeder Zeit.

Spiritualität in der Musik

Lebe gut: Sie beide werden zu »Konzertmeditationen« aufbrechen, um mit Texten und Musik Menschen für die Botschaft vom Frieden zu gewinnen. Glauben Sie, dass Musik Menschen verändern kann?

Hans-Jürgen Hufeisen: Ja. Vielleicht ist Musik das kostbarste Geschenk, dass der Mensch der Erde überreichte. Musik vermag die Kraft zu sein, die ohne Gewalt Eintritt in die Seele der Menschen findet – eine für mich spirituelle Wirkungsweise von Musik. Wie eine unsichtbare Sphäre umgibt uns Klang und Zeit und kann einen Raum des inneren Friedens schaffen. Musik ist ein Ort des Friedens. Ich hoffe, dass die Schallwellen des Friedens sich ausbreiten.

Margot Käßmann: Auf jeden Fall! Musik kann Menschen bewegen, trösten, verändern. Das weiß ich doch von mir selbst. Da sind Orgelwerke, Johann Sebastian Bach, aber auch Gospel oder Rockmusik. Musik berührt die Seele. In der Bibel bedeutet das hebräische Wort für Seele zugleich Kehle. Manchmal muss die Seele durch die Kehle in die Freiheit – und dabei singe ich sehr gern!

Dieses Interview ist in unserem Kundenmagazin Herbst 2025 erschienen.


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