Wenn der Herbststurm um das Gartenhaus peitscht

In ihrer herbstlichen Geschichte »Ofenfreuden« erzählt uns Doris Bewernitz von einem wärmenden Fundstück für ihren Garten

Herbst Entspannung Auszeit

Man glaubt nicht, was die Leute alles wegwerfen. Da stehen alte Stühle am Straßenrand, Holzbettgestelle, Kanthölzer, Regale, Schubladen, Dachlatten … Ich kann gar nicht so viel tragen, wie ich finde. Von jedem Hundespaziergang komme ich mit irgendeinem Stück Holz unter dem Arm zurück. Das stelle ich unters Dach zum Trocknen. Aus dem wilden Hinterland des Gartens schleppe ich noch junge Birken oder Pappeln heran, die dem Sturm oder dem Sägewahn der Männer vom Grünflächenamt zum Opfer gefallen sind. Oder meine Nachbarn rufen mich, wenn sie einen alten Pflaumenbaum abnehmen mussten, den sie nun loswerden wollen.

Meine Ecke mit den Holzvorräten wächst unaufhörlich. Ist genug getrocknet, greife ich entweder zur Axt oder zur Säge. Ein wunderbar harziger Duft zieht durch den Garten, von der ungewohnten Anstrengung läuft mir der Schweiß aus allen Poren, und meine Zufriedenheit wächst proportional zum Brennholzberg. Ich stehe mit den Füßen im Sägemehl und mit dem Kopf in einer Wolke Staub und freue mich. Es gibt nichts Schöneres, als einen Berg Holzscheite vor sich liegen zu haben. Das muss etwas Archaisches sein. Dieses Wohlbehagen angesichts der Gewissheit, dass genug Holz da ist. Dass man immer ein Feuer entzünden kann, wenn einem kalt wird.

In der Weinlaube stehen drei große Metallspinde, die einerseits als Sitzbänke dienen, andererseits enorme Brennholzmengen fassen. Nach meiner Sägeaktion staple ich die Scheite dort hinein. Welch ein Schatz. Dieses Holz wäre zweifellos auf dem Müll gelandet, wenn ich es nicht gefunden hätte.

Wie froh bin ich, dass ich einen Ofen im Gartenhaus habe! Im Herbst oder Frühjahr ist es mitunter empfindlich kalt. Aber das macht mir nun gar nichts mehr. Ich gehe einfach in die Weinlaube, klappe eine Sitzfläche auf, hole eine Kiepe Holz heraus, trage sie ins Haus und fange an zu heizen.

Mein Ofen – ein Allesbrenner aus den Sechzigern – möchte mit Sie angesprochen werden. Ungeduld ist bei ihm fehl am Platze. Erst muss ich ihn mit kleinen Stückchen zerknülltem Zeitungspapier füttern, ein Minifeuerchen entfachen, die obere Tür schließen, die untere öffnen, warten, dann etwas größeres Knüllpapier hineinwerfen, wieder warten, und das so lange, bis der Schornstein warm ist. Anfangs, als ich den Ofen noch nicht so gut kannte, warf ich zu schnell Holz nach und erntete Schwaden blauen Qualms, die durch alle Ritzen drangen, das Zimmer binnen Kurzem undurchsichtig machten und mir die Luft zum Atmen nahmen. Wenn ich aber behutsam vorgehe, lässt er sich überreden, richtig zu funktionieren. Dann darf ich Späne und dünne Äste auf das Knüllpapier streuen. Sind diese angebrannt, lege ich Stücke von Leisten oder Dachlatten darauf. Und schließlich, wenn alles schön vor sich hin prasselt und zu einem Bett aus Glut geworden ist, folgen Scheite und dicke Kloben. Die Flammen lecken gierig an ihnen herum, züngeln empor, erfassen und verwandeln sie. Es knackt. Es knallt. Es brennt. Man könnte sich fürchten, wenn man nicht wüsste, dass der Ofen das Feuer gut zusammenhält.

Draußen peitscht der Herbststurm ums Gartenhaus, aber drinnen beginnt sich nun eine wohlige Wärme auszubreiten. Im Bauch des Ofens lodert es vor sich hin, die Flammen knistern und knacken hinter der dicken Eisentür, während glühend rotes Licht durch die Luftlöcher funkelt und zuckende Muster auf Fußboden und Wände malt.

Nun beginnt es zu duften. Nach Lagerfeuer, Rauch, Ferien und heißem Ofenrost. Ich staple Ziegelsteine auf die Ofenplatte, hole drei schöne Äpfel aus der Küche, lege sie in einen Topf und stelle ihn auf die Ziegel. Bald kann ich meinen dicken Pullover ausziehen. Nicht lange, und die Äpfel fangen an zu singen. Süßer Bratapfelgeruch zieht durchs Zimmer und kitzelt meine Nase.

Holzwärme ist viel angenehmer als die von Kohlen. Sie ist milder, weniger aufdringlich und wärmt einen bis innen durch. Allerdings muss man auch ständig nachlegen. Ich lasse mir die Äpfel schmecken und stelle einen Topf mit Wasser auf den Ofen, um abends warmes Wasser zum Waschen zu haben.

Ich schaue in die Flammen.

Seit Urzeiten haben Menschen Feuer gemacht. Indem ich Holz finde, zersäge, zerhacke, verheize, mich daran wärme und dann auch noch die Asche auf meinen Gemüsebeeten verteile, passiert nicht nur eine Menge mit dem Holz, sondern auch mit mir. Ich habe das Gefühl, mich in etwas Größeres einzuordnen. In einen Kreislauf. Sitze ich am Feuer, erlebe ich Wachsen, Werden und Vergehen als etwas Sinnvolles, das über mich hinausgeht und mich einschließt.

Draußen stürmt es, der Wind peitscht ums Haus. Mir aber ist mollig warm, so wunderbar durch und durch warm, wie einem nur an einem bullernden Ofen werden kann.

Jetzt brauche ich frische Luft. Ich ziehe meinen Pullover wieder an, setze die Mütze auf und springe in den Garten. Wie mir der kalte Wind ins Gesicht pfeift! Aber was macht mir das? Wer sich einmal richtig durchgewärmt hat, kann es lange in der Kälte aushalten. Ich liebe meinen Ofen!

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