Raus in den Wald und durchatmen

Unsere Kollegin Sandra treibt es zur bunten Jahreszeit raus in den Wald. Entdecken Sie mit ihr die Schönheit der Natur im Herbst und lassen Sie sich inspirieren

Natur Auszeit Entspannung Harmonie

»Was für ein alter Hut!«, dachte ich, als ich das erste Mal vom neuen Trend »Waldbaden« las. Schon meine Großeltern sind in den 60er, 70er Jahren nach erledigten Samstagspflichten erwartungsfroh in den nahen Schönbuch aufgebrochen, ohne Wanderapp, ohne Karte, ja, meistens sogar ohne explizites Ziel.

Nach ein paar Stunden – Verlaufen inklusive – kehrten sie höchst zufrieden nach Hause zurück. Natürlich blieben sie unterwegs auch hin und wieder stehen. Manchmal setzten sie sich auf einen Baumstumpf oder Stein um innezuhalten. Dann lauschten sie dem Wind und den Vögeln oder diskutierten den weiteren Weg.

Im Sommer wurden Beeren gesammelt, im Herbst manchmal Pilze, aber nicht besonders effizient oder absichtsvoll. Bäume umarmen wäre ihnen wohl nicht in den Sinn gekommen. Respekt und Liebe hatten sie dennoch zum Wald, ganz ohne Trend oder Literatur zum Thema.

Weniger Bildschirm, mehr bildhafte Natur

Eine Selbstverständlichkeit also, dass man freie Zeit genüsslich im Wald verbringt? Oder eher ein Vergnügen von gestern? Nein! Wir brauchen Anstöße zur wohltuenden Wirkung des Waldes auf Körper, Geist und Seele heute wohl dringender als je zuvor. Viele von uns verbringen Stunden und Tage – auch in der Freizeit - vor größeren oder kleineren Bildschirmen, auf der Suche nach… ja, was eigentlich?

Natürlich kann man im Netz vieles kaufen, erfahren, betrachten, was es im Wald nicht gibt. Die Frage ist nur, wie förderlich das tägliche Übermaß an Impulsen, Produkten und Informationen unserer persönlichen Zufriedenheit ist. Und um die geht es doch, denn: was wäre dem Glück näher als die Zufriedenheit?

Wie eine Stunde im Wald ein vages Unmutsgefühl in fröhliche Zufriedenheit verwandeln kann, durfte ich erst vor ein paar Tage wieder erfahren: irgendwie grummelig, ärgerlich über dieses und jenes, wenn auch ohne gravierenden Anlass brach ich auf. Die frische Luft tat sofort gut, Durchatmen ging plötzlich wie von selbst. Als ich in den Wald eintrat, umfing mich seine besondere Atmosphäre freundlich und beruhigend. Eigentlich wollte ich nur Laufen, durch das Auspowern der Muskeln ungute Gedankenspiralen unterbrechen.

Doch dann bot der Wald so viel mehr:

  • Sonnenlicht, das durch mehrere Schichten sich färbender Blätter fiel.
  • Der Weg vor mir unter dem Blätterdach wie der Mittelgang einer orange-gelben Kathedrale.
  • Das Geräusch fallender Baumfrüchte, das den ganzen Wald geschäftig und lebendig erscheinen ließ.
  • Buchäckern, Kastanien und Eicheln, die mit und ohne Hütchen und Schalen auf den Wegen lagen und zum Mitnehmen einluden.
  • Die Freude beim Einsammeln der Schätze, die mir plötzlich ein Lächeln aufs Gesicht zauberte.
  • Und die Dankbarkeit, jeden Tag und gerade dort im Wald inmitten anderer Geschöpfe leben zu dürfen.


Alles kam zu mir, einfach so, wie von selbst. Dieses Gefühl und die herbstlichen Mitbringsel nahm ich mit nach Hause. Blätter, Eicheln, Buchäckern und Kastanien fanden mit einer Kerze auf einem großen Teller Platz. Das wunderbare Waldgefühl blieb den Rest des Tages im Herzen.

Die Essenz wertschätzen

Darum tue ich Abbitte. Wie Vanillekipferl, Kerzenlicht und Wollstrümpfe ist der Waldspaziergang kein Auslaufmodell und durch nichts Moderneres überflüssig geworden. Egal, wie alt Ihr seid, geht hinaus in den Wald! Lasst Euch Staunen, Lebensmut und Dankbarkeit zuwachsen. Es sind Dinge, die wir alle dringend brauchen.

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