Das Leben ist zu kurz für irgendwann

Welche besondere Rolle Frauen in seinem Leben und in seinen Büchern spielen, davon erzählt der Künstler Lisandro Rota in unserem Interview.

Interview Mut

Lisandro Rota, geboren 1946, ist ein italienischer Künstler aus Lucca. Ausgebildet in Buchhaltung begann er seinen Weg zur Kunst als Autodidakt. Schon bald stellte er in Einzel- und Gruppenausstellungen aus. Heute sind seine Werke in vielen Sammlungen auf der Welt vertreten. Liebevoll karikiert er den Menschen und seine Gewohnheiten. Vor allem kurvige Frauenfiguren haben es ihm angetan. Mit Lust und Leidenschaft leben sie ihre Träume, Wünsche und Sehnsüchte. Sie sind stark, mutig, leidenschaftlich, bunt – und tun das, was ihnen gefällt.

Lebe gut: Lieber Herr Rota, Sie leben in der Toskana, einer der landschaftlich schönsten Gegenden Europas, die Künstler immer wieder in ihren Bann gezogen hat. Als Künstler haben es Ihnen aber nicht die Landschaft, sondern starke Frauenfiguren angetan. Wie kam es dazu? Hatten oder haben Sie hier einen bestimmten Menschen vor Augen?

Lisandro Rota: Auch ich habe, wie die meisten toskanischen Künstler, damit begonnen, Landschaften meiner Heimat zu malen. Doch schon bald verspürte ich das Bedürfnis, mich der Darstellung von Menschen zuzuwenden. Nach verschiedenen Experimenten, die nicht immer erfolgreich waren (ich bin Autodidakt), habe ich Anfang der 2000er Jahre endlich den Schlüssel gefunden, der zu dem passte, was ich ausdrücken wollte. Charakterstarke Figuren, fast immer weiblich und von Übergrößen geprägt. Sie sind entstanden aus einer Bildidee heraus, doch sollten sie vor allem auch ein Gegengewicht darstellen zu den Essproblemen unserer Zeit, an denen damals auch meine Tochter litt. Sie war magersüchtig.

Stets dem Herzen folgen

Lebe gut: Ihre Frauen wirken sympathisch, weil sie einfach ihrem Herzen folgen. Sie surfen auf Wolken , greifen nach den Sternen und scheren sich nicht darum, was andere über sie denken. Woher nehmen Sie Ihre Ideen? Was inspiriert Sie?

Lisandro Rota: Es stimmt, meine großen Frauen folgen ihrem Herzen. Sie müssen ihm folgen, ohne sich Gedanken darüber zu machen, was andere über sie denken. Ich nehme meine Ideen aus dem alltäglichen Leben. Es gefällt mir, die Welt mit Ironie, etwas Humor und einer Prise Surrealismus zu sehen.

Lebe gut: Was fasziniert Sie so an den Frauen? Oder können Sie sich vorstellen, auch Männer zu portraitieren?

Lisandro Rota: Alles an Frauen fasziniert mich. In meinem mittlerweile recht langen Leben hatte ich viel mehr Kontakte zu Frauen als zu Männern: Ehefrau, Tochter, Kolleginnen und Mitarbeiterinnen. Auch wenn ich Frauen nicht immer ganz verstehe, habe ich erkannt, dass sie uns Männern in vielen Bereichen ein Stück voraus sind. Ich male auch männliche Charaktere, oft Kinder, aber in den meisten Fällen sind die weiblichen Figuren die eigentlichen Protagonisten der Szene.

Der Fantasie freien Lauf lassen

Lebe gut: Sind Frauen in Wahrheit das mutigere/stärkere Geschlecht?

Lisandro Rota: Mit wenigen Ausnahmen sind Frauen sicherlich stärker und mutiger als wir Männer. Um das zu erkennen, muss ich nicht weit gehen, ich muss nur auf die schauen, die an meiner Seite leben.

Lebe gut: Was dürfen wir als Betrachter von »Ihren« Frauen lernen?

Lisandro Rota: In Wirklichkeit haben meine Frauen nichts zu lehren. Sie wollen sich einfach selbst beweisen, dass sie mit Willenskraft und Selbstliebe jede Grenze überwinden können. Trotz ihres Körperbaus sind sie in der Lage, zu laufen, zu springen, zu tanzen und sogar zu fliegen. Wie bereits gesagt: Es ist wichtig, sich nicht um das Urteil anderer zu kümmern. Der eigenen Fantasie dürfen und können keine Grenzen gesetzt sein.

Dieses Interview wird in unserem Kundenmagazin Frühling/Sommer 2024 erscheinen.

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