Trauer bei Kindern

Kinder gehen mit Trauer und dem Thema Tod anders um als Erwachsene. Wie sie in ihrem »Seelenschmerz« begleitet und unterstützt werden können, darüber spricht die Theologin Christine Fleck-Bohaumilitzky.

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Groß ist die Unsicherheit von Erwachsenen im Umgang mit Kindern, wenn es um Sterben, Tod und Trauer geht. Immer wieder behaupten Eltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte, das Kind sei noch zu jung, um zu verstehen, was Tod bedeutet. Es sei zu jung, um sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Die Erwachsenen wollen es vor der Realität des Sterbens und des Todes schützen, sie wollen es vor Trauer bewahren und nicht mit etwas belasten, dessen Bedeutung das Kind ihrer Meinung nach noch gar nicht erfassen kann.

Doch Kinder sind sich der Realität von Tod und Trauer bewusster, als Erwachsene oft annehmen. Sie könnten ganz natürlich damit umgehen, wenn sie es dürften. Sie haben je nach Alter und Erfahrungen ihre eigenen Vorstellungen von den Begriffen Leben und Tod.

Um Kinder zu verstehen und ihnen auch helfen zu können, müssen auch die Erwachsenen sich mit dem Themenkreis auseinandersetzen und selbst wissen, was Tod und Trauer für Kinder in den verschiedensten Altersstufen bedeuten können.

Kinder trauern bei vielen Gelegenheiten

Das stärkste Erlebnis von Trauer, die stärkste Erfahrung mit Trauer machen wir wahrscheinlich alle beim Tod eines geliebten Menschen. Aber nicht nur der Tod ist Anlass zur Trauer – gerade bei Kindern gibt es die verschiedensten Situationen, in denen sie trauern: das Weggehen der Mutter, der Verlust eines geliebten Kuscheltieres oder des Schnullers, der Abschied vom Kindergarten, von der Schule, von einer gewohnten Umgebung, zum Beispiel durch Umzug in eine neue Wohnung, die Trennung von einer Freundin, von einem Freund, der Tod eines Haustieres …

Trauern sollte möglichst früh gelernt werden

Uns Erwachsenen fällt es oft schwer, das Gefühl der Trauer anzunehmen und bewusst zu erleben – und das, obwohl die Trauer zu unserem Leben gehört wie auch die Liebe. Kinder gehen mit Verlusten und Abschieden anders um.

Eines gilt für Kinder wie für Erwachsene: Je früher Kinder lernen, mit den Gefühlen von Schmerz und Trauer umzugehen, desto besser kommen sie mit den großen und kleinen Abschieden im Leben zurecht, umso eher ist es möglich, die kleinen und großen Verluste im Leben eines Menschen, eines Kindes zu gestalten und diese Gefühle auch ernst zu nehmen.

Trauer – Schwerstarbeit für die Seele

Trauer ist eine gesunde Reaktion auf einen Verlust. Ohne sie wäre es weder Erwachsenen noch Kindern möglich, schmerzhafte Verluste in ihr Leben zu integrieren und sich neu zu orientieren. Kein Mensch bleibt von Trauer verschont, sie kann nicht weggeschoben oder für immer verdrängt werden, es ist wichtig, sie zu durchleben. Trauer ist Schwerstarbeit für die Seele, was sehr schön im folgenden Gedicht von Gottfried Benn zum Ausdruck kommt:

Trauer tritt nicht nur in Verbindung mit Tod auf. Fast täglich müssen wir uns von irgendetwas oder von irgendjemandem verabschieden – von der Brust der Mutter, von einem verloren gegangenen Kuscheltier, vom Kindergarten, von der Schule, von Freunden, vom Arbeitsplatz, von einer Wohnung, von Jugend, Schönheit und Gesundheit, von erwachsenen Kindern ... Alle diese Ereignisse müssen verarbeitet werden, und das können wir, indem wir trauern.

FAZIT: Trauer ist ein Bündel von Gefühlen, mit denen der Mensch auf Verluste reagiert. Kinder trauern nicht nur beim Tod eines Menschen, sondern ebenso beim Verlust eines Kuscheltieres oder bei einem Wohnortwechsel. Die Beibehaltung täglicher Rituale unterstützt Kinder, in die Normalität des Lebens zurückzufinden. Offene Gespräche und die Teilnahme an der Beerdigung helfen, den Tod eines nahestehenden Menschen zu verarbeiten.

Christine Fleck-Bohaumilitzky, Auszug aus dem Buch »Wenn Kinder trauern«

Über die Autorin

© Karl-Heinz Pfreimbtner

Christine Fleck-Bohaumilitzky

Christine Fleck-Bohaumilitzky, geb. 1955 in Linz/Donau, ist Theologin, Pastoralreferentin und Supervisorin DGSv, TZI-Gruppenleiterin (Diplom), Gründungsmitglied im Bundesverband Trauerbegleitung, Ehrenmitglied des Bundesverbandes Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister sowie Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Bundesverbandes Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister und Referentin in den Bereichen Trauerbegleitung und Hospizarbeit. Sie ist verheiratet, hat zwei erwachsene Töchter und lebt in der Nähe von München.

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