Fahrplan ins Glück – Geschichten für die Lebensreise

Geschichten und Märchen sind Futter für die Seele und Inspiration fürs Leben. Ein Beitrag von Eschbach-Autorin Gisela Rieger

Glück Lebensweisheit Interview

Seit jeher zerbrechen sich Menschen darüber die Köpfe, wie der Weg zum Glück zu finden ist. Natürlich gibt es einen Fahrplan zum Glück – nur der sieht bei jedem Menschen anders aus.
Um den richtigen Fahrplan für sich zu entdecken, kann man sich ein paar Fragen stellen: Wohin soll meine persönliche Lebensreise gehen? Wann möchte ich am Ziel sein? Wem möchte ich begegnen? Wer soll mich begleiten? … Aber ganz egal, an welchem Ausgangpunkt man sich befindet – die Freude und gute Laune sollte immer im Gepäck sein.

Meine Geschichten sollen Sie auf der Lebensreise zum Glück begleiten. Sie können Fragen klären, Dinge zurechtrücken, zeigen, worauf es wirklich ankommt. Vielleicht können sie sogar helfen, Hindernisse aus dem Weg zu räumen, Grenzen zu überwinden, bei Bedarf auch mal dazu ermutigen, die Richtung zu ändern. Oder sie inspirieren dazu, an schönen Orten einfach zu verweilen.
Wer erkennt, dass das Glück auch im Miteinander liegen kann, dass geteiltes Glück doppeltes Glück bedeutet, kommt leichter erfolgreich ans Ziel.

Geschichten haben für mich auch eine ganz persönliche Bedeutung. Mein ganzes Leben haben sie mich begleitet und schon immer inspiriert. Ich weiß noch ganz genau, wie mir meine Mama Märchen vorgelesen und Geschichten erzählt hat. Ich konnte nie genug davon hören. Die »Erzähltradition« habe ich bei meinen mittlerweile erwachsenen Töchter gerne angewandt; manches Mal, um längere Autofahrten zu überbrücken, oder um einfach auf aktuelle Alltagsthemen einzugehen. Ich habe damals schon festgestellt, dass meine Geschichten ihre Wirkung nicht verfehlten.

Denn Geschichten regen zum Nachdenken an. So entstehen ganz nebenbei wertvolle, eigene Erkenntnisse. Sie können die Perspektive verändern und einen Schlüssel für die Lebensreise in die Hand geben. Ebenso werden beim Lesen von Geschichten die eigenen Themen oftmals neu überdacht und gelöst.

Ich lade Sie recht herzlich zum Lesen ein und hoffe, Sie für heute vielleicht inspiriert zu haben.
Ihre Gisela Rieger


Exklusiv für Sie – Eine Kurzgeschichte aus Gisela Riegers Buch »Fahrplan zum Glück«

»Glücksmomente fürs Herz«

Meine Großmutter war eine Seele von Mensch und eine der glücklichsten Frauen, die ich gekannt habe. Das Glück wurde ihr mit Sicherheit nicht in die Wiege gelegt. Sie war die Erstgeborene, und nach ihr kamen noch acht weitere Geschwister. Neben der Schule, der Stallarbeit und den Haushaltstätigkeiten musste sie sich noch zusätzlich um die kleineren Geschwister kümmern.

Meine Großmutter war eine sehr schöne Frau, und die schwere Arbeit sah man höchstens ihren rauen Händen an. Sie war auch eine begnadete Köchin, und ihre Backkünste waren weit über die Gemeindegrenze hinaus bekannt. So war es auch nicht verwunderlich, dass, als sie im heiratsfähigen Alter war, etliche Väter auf den Hof kamen, die sie gerne als Braut für ihren Sohn heimgeführt hätten. Meine Großmutter aber lehnte alle Bewerber ab, denn sie hatte sich in einen kleinen Häuslbauer verliebt. So nannte man damals die Männer, die nur einen ganz kleinen Hof zu bewirtschaften hatten und daher meist arm waren. Die Liebe war meiner Großmutter eben schon damals viel wichtiger als der materielle Reichtum. Mitgift bekam sie keine, denn ihr Vater tobte, als sie sogar den Antrag des Bauers, der den größten Hof in der ganzen Gemeinde besaß, ausschlug und stattdessen den Häuslbauern heiratete!

Nichtsdestotrotz war meine Großmutter glücklich mit ihrem geliebten Mann, auch wenn die Zeiten damals schwer waren. Luxus war ein Fremdwort, es gab viel Arbeit, keine Verhütungsmittel und entsprechend viele Kinder. Die erste Geburt war ein harter Schlag für meine Großeltern, denn das Kind starb drei Tage später. Dafür kam im Folgejahr ein zauberhaftes Zwillingspärchen auf die Welt. Wieder ein Jahr später, meine Großmutter war gerade hochschwanger, brach der Krieg aus, und ihr Mann musste an die Front. Er hat seinen prächtigen Sohn nie zu Gesicht bekommen, da er im Krieg fiel.

Meine Großmutter musste nun alleine den Hof bewirtschaften und zudem die drei kleinen Kinder versorgen. So ist es kein Wunder, dass sie dem Werben eines Witwers mit vier Kindern, dem seine Frau im Kindsbett verstorben war, nachgab. Auch wenn diese Beziehung eine Vernunftsehe war, so erwuchsen aus ihr dennoch viele gute Jahre, wenngleich sie auch mit sehr viel Arbeit verbunden waren. Meine Oma hatte niemals Erwartungen und musste daher auch keine Enttäuschungen erleben. »Man muss das Leben so nehmen, wie es kommt, und immer das Beste daraus machen«, meinte sie immer. »Man muss ganz viele Glücksmomente sammeln – die Glücksmomente fürs Herz!«

Ich weiß noch gut, dass sie mir, wenn ich als kleines Mädchen traurig war, über den Kopf streichelte und mich daran erinnerte. »Aber Omi, ich kann keine Glücksmomente sammeln, wenn ich doch so traurig bin!« Die Ältere entgegnete dann: »Genau aus diesem Grund. Je mehr Glücksmomente du im Leben sammelst und dankbar bist für diese Stunden – desto mehr ziehst du weitere Glücksmomente an, und du wirst viel seltener traurig sein. Denn Dankbarkeit ist Glück!« Immer wenn ich traurig war, eine schlechte Note schrieb oder später Liebeskummer hatte, beherzigte ich ihren Rat. Ich habe in meinem Leben viele Höhen und etliche Tiefen erlebt. Aber ich habe unzählige Glücksmomente sammeln dürfen. Und je mehr ich sammelte, desto mehr vergaß ich meine Enttäuschung und Traurigkeit. Denn die Glücksmomente wogen immer schwerer.

Ist es nicht so, dass das große Glück aus vielen kleinen Glücksmomenten besteht? Vielleicht sollten wir zu Sammlern dieser kleinen Glücksmomente werden.

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Gisela Rieger

Gisela Rieger

Gisela Rieger liebt, sammelt und erfindet Geschichten seit ihrer frühen Kindheit. Inzwischen spielt das »Storytelling« oder Erzählen von Geschichten auch für ihre Arbeit eine zentrale Rolle. Sie…

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